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Wer sich bei allen beliebt machen will, wird schnell beliebig.
Wer sich bei allen beliebt machen will, wird schnell beliebig.
Das Wetter ist wie dieses Jahr so häufig mal wieder eher mäßig und ich habe deswegen mal wieder Zeit um einen neuen Blogbeitrag zuverfassen, dieses Mal über einen Kawasaki Testride.
Am 10. September hat Kawasaki einen „Testride“ (also eine Probefahrt) für alle ihrer neuen 2017er Modelle in Rüsselsheim angeboten, da habe ich gleich die Gelegenheit genutzt und fünf der neu aufgelegten Kawasakis getestet. Veranstaltet wurde das Ganze mit Unterstützung von Opel¹, Kawasaki Südhessen², Pro-Bike³ und Team Green Live4.
Mein Testfuhrpark bestand an diesen Tag aus der Z650, Versys 650, Z900, Versys 1000 und der Z1000SX. Alle Motorräder waren quasi Fabrik neu und mit den Erstausrüsterreifen ausgestattet. Die Erstausrüsterreifen lassen (meiner Meinung nach) leider bei allen Modellen ziemlich zu wünschen übrig (alles Bridgestone & Dunlop Reifen), sind aber durchaus fahrbar. Die einzige Ausnahme bei den Erstausrüsterreifen ist die aktuelle ZX10R die mit einem Bridgestone RS105 bestückt ist der ein absolut anständiger Reifen ist (sogar in der Erstausrüsterspezifikation). Wenig später hatte ich dann auch noch die Gelegenheit die aktuelle Vulcan S und Ninja 650 probe zu fahren, weswegen ich die beiden dann auch gleich hier mit aufgenommen habe und über sieben neue Kawas berichte.
Z650
Angefangen hab ich meine Probefahrten auf der neuen Z650, welche die Nachfolge der ER6-N antritt. Die Z650 ist dabei nicht nur eine würdige Nachfolgerin der ER6-N, sondern meiner Meinung nach in jeder Hinsicht das bessere Motorrad und eines kann ich schon vorwegnehmen, unter allen 650cm³ Kawas ist die Z650 meiner Meinung nach die beste in Sachen Fahreigenschaften.
Die Z650 zeichnet sich in erster Linie durch ein grandioses spielerisch leichtes Handling aus, das Fahrwerk funktioniert in dieser Maschine einfach genau so wie es funktionieren muss. Trotz ihres kleinen Hubraums von 650 cm³ und der eher geringen Leistung von 68PS ist diese Maschine ein echtes Fun-Gerät. Mit ihren knapp 66Nm Drehmoment kommt die Z650 dank ihres Parallelzweizylinder wunderbar aus den Kurven und hat eine sehr angenehme Leistungsentfaltung. Ab ca. 3.000 U/Min fängt die Z650 an sehr bissig aber nicht unangenehm am Gas zu hängen und trotz der nicht überfordernden Leistung kann man bei ca. 3.000 bis 4.000 Umdrehungen die Z650 zu einem Powerwheelie überreden (JA RICHTIG GELESEN POWERWHEELIE). Darüber hinaus ist das Getriebe der Z650 angenehm leicht und präzise zu schalten. Besonders positiv hervorheben muss man an der neuen Z650 die Bremse, die packt ordentlich zu und ist schon fast ein wenig giftig, aber dennoch gut dosierbar, was den Fahreindruck der Z650 als Fun-Bike noch einmal unterstreicht. Die Z650 ist eine absolute Empfehlung an alle, die ein reines Fun-Bike suchen, mit dem man auf Landstraßen kurven räubern kann und die keine weiten Distanzen auf der Autobahn zurücklegen wollen oder mit dem Motorrad auf Fernreisen gehen wollen.
Offizielle Webseite Kawasaki Z650
Versys 650
Die Versys 650 ist die mit Abstand vielseitigste unter den 650 cm³ Motorrädern aus dem Hause Kawasaki und meine persönliche Wahl für ein Alltagsmotorrad. Ich selbst besitze ein älteres Modell aus dem Jahr 2009 (LE650A6).
Die Versys 650 macht fast so viel Spaß wie eine Z650 und ist annähernd so bequem wie eine Vulcan S und bietet dabei durch ihr Windschild Schutz vor Wind und Wetter, was sie darüber hinaus auch noch reisetauglich macht. Diese Eigenschaften in Kombination mit ihrer japanischen Zuverlässigkeit macht sie für mich zu meiner Erstenwahl für ein Alltagsmotorrad. Dabei ist die Versys 650 auch noch „verhalten“ Offroad tauglich, ein Hardendurorennen würde ich aber niemanden empfehlen mit ihr zu bestreiten.
Das Fahrwerk der neuen Versys 650 war mir in ihrer Werksteinstellung ein wenig zu weich, ich denke, ich würde mir die Federvorspannung vorne und hinten ein wenig härter einstellen wollen. Das Getriebe hat sich dafür meiner Meinung nach deutlich verbessert, besonders im Vergleich zu meiner alten Versys 650 von 2009, es schaltet sich ohne Allüren und wunderbar präzise. Außerdem besticht die neue Versys wie schon ihre Vorgänger mit hervorragendem Handling für einen Tourer. Der Motor hat eine angenehm kernige Leistungsentfaltung ab ca. 3000 U/Min und einen schönen Drehmomentverlauf in den unteren Drehzahlbereichen. Die aktuelle Versys 650 ist in den unteren Drehzahlbereichen sehr viel angenehmer als ihre Vorgänger, dafür aber nach oben raus schwächer was den Top-Speed im Vergleich zu den älteren Versys 650 deutlich begrenzt. Auch geändert hat sich die Übersetzung im Erstengang wenn man die neue Versys mit meiner alten von 2009 vergleicht, der Erstegang ist jetzt deutlich länger übersetzt, was sehr positiv auffällt. Der Motor hat sogar genug Kraft um mit der Versys 650 im Erstengang Power-Wheelies fahren zu können. Auch hängt die neue Versys 650 schön direkt am Gas und läuft sehr kultiviert, der deutlichste Unterschied zu meiner alten Versys aus dem Jahre 2009 ist aber bei der Bremse auszumachen, die ist an der neuen Versys 650 um Welten besser geworden.
Wer ein grundsolides, alltagstaugliches, reisetaugliches und zuverlässiges Motorrad sucht, das auch noch Spaß macht und auf den „Punsh“ eines Reihenvierzylinder 1000-cm³-Motors verzichten kann, dem kann ich die Versys 650 nur empfehlen. Für mich ist die Versys 650 als Zweitmotorrad für den Alltag Erstewahl!
Offizielle Webseite Kawasaki Versys 650
Ninja 650
Die Ninja 650 war mit der Vulcan S eine der beiden Motorräder die ich nicht bei dem Kawasaki Testride gefahren bin, sondern bei einer späteren Gelegenheit. Die Ninja 650 tritt die Nachfolge der ER6-F an und löst diese ab, die ER6-F war seiner Zeit die meist verkaufte Kawasaki.
Ich muss leider sagen das mir die Ninja 650 von allen 650 cm³ mit Abstand am wenigsten gefallen hat. Die Ninja 650 erhebt an sich einen sportlichen Anspruch und wird auf der deutschen Kawasaki Webseite sogar unter „Supersport“ geführt, diesen Anspruch kann sie aber nach meinem Dafürhalten einfach nicht gerecht werden. Wenn man sich auf die Ninja 650 setzt, nimmt man eine moderate sportliche Sitzposition ein, was so weit noch zum Anspruch passt, aber so bald man die ersten Meter gefahren ist, merkt man das die Fahreigenschaften dann kaum noch Sportlichkeit widerspiegeln. Weder gibt das Fahrwerk ein Feedback, das zum sportlichen Fahren einlädt, noch tut das der Motor mit seiner Leistungsentfaltung. Auch der Druckpunkt der Kupplung und das Getriebe schienen mir nicht sehr transparent, lediglich die Bremse konnte meiner Meinung nach dem sportlichen Anspruch gerecht werden. Die 68 PS mit knapp 66 Nm Drehmoment können den Anspruch der Sportlichkeit am Ende natürlich auch nicht retten.
Vielleicht bin ich als ZX10R Fahrer aber auch der falsche um eine Ninja 650 zu beurteilen, einfach weil ich durch meine 1000er Ninja das obere Ende der Sportlichkeit gewohnt bin, da kann alles andere natürlich nur enttäuschen.
Offizielle Webseite Kawasaki Ninja 650
Vulcan S
Die Vulcan S ist ein Motorrad, an das man ganz pauschal erst einmal keine großen Anforderungen stellen wollte und dann aber sehr positiv überrascht wird. Für diesen Typ Motorrad ist die Vulcan S ein echtes Handlingwunder.
Ich muss gestehen das Cruiser wie die Vulcan S eigentlich so gar nicht mein Ding sind, ich stehe eigentlich auf „Fahrmaschinen“ die durch ihre Fahreigenschaften auffallen, trotzdem fiel die Vulcan S durch gut zu packende Bremsen auf und bog für einen Cruiser sehr anständig ab. Die Bodenfreiheit ist allerdings Cruiser typisch sehr eingeschränkt, positiv viel an der Vulcan S der Sound auf. Unter den 650 cm³ Maschinen von Kawasaki hat die Vulcan S den mit abstand kernigsten Sound. Auch erwähnenswert sind die Erstausrüsterreifen, unter den 650 cm³ Motorrädern vielen mir diese am wenigsten negativ auf, was aber auch vielleicht daran liegt das man dieses Motorrad sehr viel bequemer und verhaltener fährt als zum Beispiel eine Z650.
Was man an der Vulcan S aber wirklich hervorheben muss ist ihre Bequemlichkeit, dieses Motorrad ist im Grunde ein zweirädriger Wohnzimmersessel und man hat das Gefühl, man könne diese Maschine stundenlang fahren ohne die geringste Ermüdungserscheinung. Wer auf Cruiser steht, einen haben will, der sich auch noch halbwegs gescheit fährt und durch japanische Zuverlässigkeit glänzt, für den könnte die Vulcan S ein echter Geheimtipp sein.
Offizielle Webseite Kawasaki Vulcan S
Z900
Nach dem ich jetzt über die Ninja 650 geschimpft habe und die Vulcan S nicht so ganz mein Motorradtyp ist, kommt dafür jetzt der Kawasaki Hammer des Jahres 2017. Mit der neuen Z900 ist Kawasaki, als ablöse der Z800, der ganz große Wurf gelungen. Die Z900 wird von beginn an von der Fachpresse über den Klee gelobt und das zu Recht. Bei keinem anderen Motorradhersteller bekommt man ein Motorrad auf dem Niveau der Z900 welches sich preislich und in Sachen Fahreigenschaften auch nur annähernd auf dem Level der Z900 befindet. So viel Motorrad für so wenig Geld, das gab es noch nie zu vor!
Die Z900 besticht durch enorme Handlichkeit mit einem drehfreudigen und durchzugsstarken Motor, bei dem man beim Kurvenräubern auf Landstraßen nie das Gefühl hat, zu wenig Leistung zu haben, obwohl der Motor 20 PS weniger hat, als der Motor des großen Bruder Z1000, dafür ist die Z900 aber gefühlt doppelt so handlich und agil wie die Z1000. Es fehlt nicht viel und die Z900 würde sich so leichtfüßig wie die deutlich kleinere Z650 anfühlen.
Die Bremse ist wie an allen neuen 2017er-Modellen hervorragend kräftig und bestens dosierbar und das Getriebe macht jeden Schaltvorgang spielerisch leichtgängig. Die Maschine hängt sehr direkt am Gas und kommt herrlich aus den Untereindrehzahlbereichen raus. Dieses Motorrad macht riesigen Spaß und überfordert dabei nie. Eine Traktionskontrolle ist nicht vorhanden, einfach weil sie nicht benötigt wird. Wer ein neues Nakedbike will, der macht mit der neuen Z900 definitiv nichts falsch.
Offizielle Webseite Kawasaki Z900
Versys 1000
Die Versys 1000 ist im Grunde alles was die Versys 650 auch ist, nur ausgewachsener. Anstatt eines 650-cm³-Zweizylinders arbeitet ein 1000-cm³-Vierzylindermotor in ihr. Die Maschine wirkt, wenn man drauf sitzt, ein wenig breiter und massiger als ihr kleineres Derivat mit 650 cm³. Ist die Versys 1000 aber erst in Bewegung, fährt sie sich bestenfalls geringfügig „schwerfälliger“ als ihr kleines Geschwisterchen. Die Leistungsentfaltung des Vierzylinders ist extrem angenehm und trotzdem ein wenig kernig, was das Fahrgefühl unterhaltsam macht. Außerdem glänzt der Motor mit einer sehr gleichmäßigen Leistungsentfaltung über das gesamte Drehzahlband, man muss es eigentlich nicht erwähnen aber die 120 PS der Versys 1000 sind natürlich Power-Wheelie tauglich.
Die Versys 1000 verfügt zusätzlich zu dem seit Euro 4 gesetzlich vorgeschriebenen ABS auch über eine Traktionskontrolle, die ausgesprochen angenehm regelt. Die Traktionskontrolle lässt sich in drei Stufen einstellen, ich selbst habe allerdings nur die Stufe zwei probiert und war damit sehr zufrieden. Auf Stufe zwei der Traktionskontrolle hatte ich nie das Gefühl, die Traktionskontrolle würde zu früh eingreifen und damit den Spaß nehmen.
Im weiteren zeichnet sich auch die neue Versys 1000, wie alle anderen neuen Kawas auch, durch ihre hervorragende Bremse aus. Wer einen vollwertigen Reisetourer sucht, mit dem man sorglos auch auf die längste Fernreise gehen kann und trotzdem noch echten Fahrspaß bietet, der ist bei der Versys 1000 genau richtig.
Offizielle Webseite Kawasaki Versys 1000
Z1000SX
Die Z100SX ist ein waschechter Sporttourer und damit ein Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Tourentauglichkeit, was letztlich der Grund ist warum die Sporttourer nie so richtig mein Ding waren. Nichtsdestoweniger gelingt der Z1000SX der Spagat zwischen Sportlichkeit und Tourentauglichkeit erstaunlich gut, auch wenn ein Sporttourer wohl nie meine Erstewahl wäre. Die Z1000SX fällt durch ihre (für einen Sporttourer) überdurchschnittlich gute Handlichkeit auf. Ich hab mir sagen lassen das die Z1000SX extrem anfällig für schlechte Reifen ist und einen guten Teil ihrer Handlichkeit auf abgefahrenen oder „schlechten“ Reifen einbüßt, ich kann das aber nicht aus erster Hand berichten. Die Handlichkeit der Z1000SX erinnert deutlich an die der Z1000, nur das die Z1000 eine aufrechtere Sitzposition bietet und die Z1000SX, dank eines Windschildes dafür Schutz vor Wind und Wetter.
Mit ihren 142 PS geht die Z1000SX auch gut nach vorne, allerdings schreitet die Traktionskontrolle eher pessimistisch zu Werke und regelt sehr früh ein. Wheelies verhindert die Traktionskontrolle der Z1000SX schon frühzeitig im Entstehen. Mir persönlich regelt die Traktionskontrolle deutlich zu früh, für den geneigten Sporttourenfahrer mag das aber genau richtig sein, der Sportfahrer hingegen wird sich daran stören.
Die Bremse ist wie bei allen anderen neuen Kawasakis „state of the art“ und lässt keine Wünsche offen, die Bremse ist sehr bissig und trotzdem präzise, so wie sie sein sollte. Wer also einen adäquaten Sporttourer sucht und nicht gleich die dicken 1400 cm³ Maschinen wie die ZZR1400 wuchten will, für den könnte die Z1000SX eine interessante Option sein.
Offizielle Webseite Kawasaki Z1000SX
Allgemein
Was alle neuen Kawas gemeinsam haben ist, dass sie über sehr angenehm zu schaltende Getriebe verfügen, hier kann man insbesondere zu den älteren Vorgängern eine deutliche Entwicklung erkennen. Auch die Bremsanlagen haben sich massiv weiterentwickelt und sind Heute bei allen Kawasakis ausgesprochen bissig und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen kinderleicht dosierbar. Natürlich verfügen auch alle Kawasakis mittlerweile über das gesetzlich vorgeschriebene ABS, das auch bei allen Maschinen tadellos funktioniert. Außerdem fällt auf das sich die Verarbeitungsqualität über alle Preisklassen und Fahrzeugtypen steigert (übrigens bei fast allen Marken, nicht nur bei Kawasaki).
1) Opel
2) Kawasaki Südhessen GmbH
3) Pro-Bike Motor GmbH
4) Team Green Live
5) Bridgestone RS10
6) Versys 650 LE650A
Quelle Bilder: http://www.kawasaki.de/